Von der Flut zum Feld: Neue Nutzungsperspektiven für Hochwasserrückhaltebecken

Die Zwischenspeicherung von Hochwasser in Rückhaltebecken könnte Wasser für die Landwirtschaft bereitstellen - ohne den Hochwasserschutz zu gefährden.

Trockenheit in Europa kann in vielen Sektoren Schäden in Milliardenhöhe verursachen. Trockenheit betrifft nicht nur die Trinkwasserversorgung, sondern auch Ernteausfälle in der Landwirtschaft, verminderte Wasserkrafterzeugung und Beeinträchtigungen des Schiffsverkehrs. Die Trockenjahre 2018 - 2020 mit massiven Ernteausfällen und Beeinträchtigungen der Rheinschifffahrt haben dies deutlich gezeigt Mit fortschreitendem Klimawandel werden Dürreereignisse häufiger und intensiver werden, das gilt aber auch für Hochwasserereignisse. Forschende in CEDIM untersuchen daher, ob sich die Auswirkungen von Dürre und Hochwasser durch eine angepasste Steuerung von Hochwasserrückhaltebecken synergetisch betrachtet und reduziert werden können. Dabei soll das Wasser von Hochwasserereignissen in den Becken zurückgehalten werden, bis es in Trockenzeiten beispielsweise für die Landwirtschaft zur Verfügung gestellt werden kann. Durch eine rechtzeitige Entleerung der Becken vor einem Hochwasserereignis bleibt die Hochwasserschutzwirkung der Becken in vollem Umfang erhalten.

Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass das gespeicherte Wasser in den Trockenjahren 2018 - 2020 die Schäden in der Landwirtschaft im Umfeld der Talsperren deutlich hätte abmildern können. Detaillierte Untersuchungen an ausgewählten Talsperren in Baden-Württemberg zeigen, dass der landwirtschaftliche Bewässerungsbedarf auf einer Fläche von 100 Hektar im Umkreis jeder Talsperre durchschnittlich zu 70 Prozent gedeckt werden konnte.

Diese ersten Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine angepasste Steuerung von Talsperren einen Beitrag zu einer Klimaanpassungsstrategie leisten kann. Offene Forschungsfragen sind der Einfluss unsicherer Hochwasservorhersagen auf die Stauraumbewirtschaftung und die Auswirkungen einer angepassten Stauraumbewirtschaftung auf die Gewässerökologie.

Abb.: Die potenzielle Bedarfsdeckung (d. h. das Verhältnis des insgesamt bereitgestellten Wassers zum Gesamtbedarf in %) jedes der 30 ausgewählten Reservoirs wird gegen den geschätzten Gesamtbedarf der Landwirtschaft des Reservoirs (in 1000 m3) aufgetragen. Viele der Reservoirs hätten in den Jahren 2017–2020 einen erheblichen Teil (> 70 % Deckung) des Bewässerungsbedarfs ihrer Region decken können. Die weniger erfolgreichen Stauseen (< 70 % Erfüllung) wurden durch die Notwendigkeit, sich vor häufigen Überschwemmungen zu schützen, einen zu hohen Bewässerungsbedarf für die verfügbare Stauseekapazität und einen Mangel an verfügbarem Wasser für die Speicherung eingeschränkt.


Zugehöriges Institut am KIT: Institut für Wasser und Umwelt (IWU)  Hydrologie
Autoren: Sarah Ho, Uwe Ehret