Rasche Bestimmung der Slipverteilung mittels Nahfeld-Dislokationsseismogrammen

Kurzbeschreibung des Projekts und seiner Ziele

Die quantitative instrumentelle Beobachtung von Erdbeben begann im 19. Jahrhundert. Das erste Fernbeben, welches auf einem Seismogramm identifiziert wurde, war ein Beben in Japan im Jahr 1889, welches von Ernst von Rebeur-Paschwitz in Potsdam aufgezeichnet wurde, wo es noch heute am Deutschen Geoforschungszentrum GFZ zu besichtigen ist. Heutzutage stellen mehrere Institutionen Epizentrum und Magnitude von Beben in Echtzeit online zur Verfügung, zum Beispiel GEOFON am GFZ. Das Epizentrum ist dabei definiert als Ort an der Erdoberfläche, welcher über dem Punkt liegt an welchem der Bruch seinen Anfang hat. Eine detailliertere Beschreibung des Bruchprozesses beinhaltet die Verteilung der relativen Verschiebung (Slip) an der Bruchfläche sowie deren zeitliche Entwicklung. Teleseismische Methoden ermöglichen eine routinemäßige Verfolgung der Bruchausbreitung, doch eine absolute Bestimmung der Verschiebung ist mittels traditioneller seismologischer Methoden nach wie vor schwierig, da diese eher die Luminosiät einfangen, also wie viel Energie in Form seismischer Wellen abgestrahlt wird. Die Slipverteilung lässt sich besser durch Messungen der Verformung in der Nähe der Quelle ermitteln. Solche GNSS- oder strong motion Accelerometer Aufzeichnungen im Nahfeld sind nicht durch Übersteuerungseffekte wie Breitbandseismometer beeinträchtigt und sind im Falle großer Beben verfügbar, noch während der Bruchpozess stattfindet, wohingegen es allein mehr als 10 Minuten dauert, bis die seismischen Wellen teleseismische Distanzen erreicht haben. Allerdings wird zur Invertierung der Slipverteilung aus den Deformationsmessungen meistens ein statischer Ansatz für die Modellierung verwendet.
Ziel dieses Projekts ist die Weiterentwicklung und Implementierung kinematischer Inversionstechniken, welche Dislokationswellenformen inklusive Nahfeldtermen verwenden, um möglichst rasch eine detaillierte Beschreibung der Erdbebenquelle zu erhalten. Eine Anwendung, bei der eine schnelle Bestimmung der Slipverteilung entscheidend ist, ist die Tsunami-Frühwarnung. Ebenso ist eine schnelle und zuverlässige Ermittlung der Magnitude unter Vermeidung von Sättigungseffekten wichtig zur Erstellung von sogenannten shake-maps und zur Schadensabschätzung.

 

 
Abb. 1: Die Illustration zeigt am Beispiel des Tohoku Erdbebens von 2011, wie GPS zur Tsunami-Frühwarnung verwendet werden könnte. Die schwarzen Pfeile in den oberen Bildern stellen durch das Beben verursachte Verschiebungen an der Erdoberfläche dar. Diese können mittels moderner GPS Prozessierungstechniken innerhalb weniger Sekunden mit der erforderlichen Genauigkeit ausgewertet werden. Damit lässt sich die Bebenquelle im Erdinneren rekonstruieren (farbige Rechtecke), welche wiederum verwendet werden kann, um eine Abschätzung der zu erwartenden Tsunamiwellenhöhe an der Küste zu erzeugen (untere Bilder). Das Bild rechts unten enthält Messdaten von einer Feldstudie.