Abgeschlossene CEDIM Forschungsschwerpunkte & Projekte

In den vergangenen Jahren hat CEDIM verschiedene Themen bearbeitet, die aus der strategischen Weiter­entwicklung mit dem Ziel der Schaffung innovativer und kohärenter Forschungsprogrammatiken generiert wurden. Im Folgenden wird vor allem auf die wichtigsten Schwerpunkte eingegangen.

 

Phase I: 2002 bis 2007

Zwischen 2002 und 2008 teilten sich die Forschungsarbeiten auf drei Projekte auf: Risikokarte Deutschland, Megacity Istanbul und Modellierung extremer Hochwasserereignisse. Im Rahmen des ersten gemeinsamen Projektes, der Risikokarte Deutschland, wurden von CEDIM flächendeckende Risikokarten für Naturgefahren und man-made hazards in Deutschland entwickelt. Das Risiko für Hochwasser, Sturm und Erdbeben auf Gemeindeebene wurde ermittelt und verglichen. Für jede Gemeinde kann damit diejenige Naturgefahr identifiziert werden, bei der die größten Schäden zu erwarten sind. Die Gefährdungs- und Risikoanalysen, die auch über den CEDIM Risk Explorer interaktiv nutzbar sind, wurden und werden noch immer von verschiedenen Nutzergruppen verwendet (z.B. Versicherungen, Landeseinrichtungen). Vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (damals BMVB) war noch bis vor wenigen Jahren eine Standortanalyse basierend auf den CEDIM Risikoschätzungen für das Bewertungssystem für nachhaltiges Bauen vorgeschrieben.

Das Megacity Istanbul Projekt war ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, das zum Ziel hatte, Konsequenzen von Erdbeben in schnell wachsenden Metropolen zu analysieren. Die Arbeiten sollen die Aktualisierung von relevanten Parametern in beinahe Echtzeit ermöglichen, um der Stadtentwicklung gerecht zu werden.

Außerdem hat CEDIM/GFZ die BMBF-Förderaktivität Risikomanagement extremer Hochwasserereignisse (RIMAX; 2005–2010) koordiniert. Im Rahmen von RIMAX wurden durch Integration unterschiedlicher Fachdisziplinen und verschiedener Akteure verbesserte Instrumente des Hochwasserrisikomanagements entwickelt und in die Praxis überführt. CEDIM war hier an vier Teilprojekten beteiligt. Zusätzlich gab es in dieser Phase auch eine Helmholtz-Nachwuchswissenschaftlergruppe (Modellierung extremer Hochwassersituationen), die  Informations- und Modellierungswerkzeuge zur Quantifizierung und Darstellung des Hochwasserrisikos im Einzugsgebiet der Elbe entwickelte.

Phase II: 2007 bis 2011

Mit dem Beitritt Forschungszentrums Karlsruhe (FZK) zu CEDIM im Herbst 2007 und den hinzugekommenen Kompetenzen vor allem in der Klimamodellierung und der Vulnerabilität kritischer Infrastrukturen verschoben sich auch die Themenschwerpunkte von CEDIM. Im Verbundvorhaben Hochwassergefahr durch Klimawandel wurden die wissenschaftlichen Grundlagen geschaffen, um in drei Flusseinzugsgebieten der Bundesrepublik Deutschland die voraussichtlichen Extremniederschläge und -hochwässer in den Jahren 2020 bis 2050 durch aufwendige Modellierungen zu prognostizieren und die Implikationen für den Hochwasserschutz zu analysieren. Dieses Verbundvorhaben ist Teil des Forschungsschwerpunktes Naturrisiken im Klimawandel. In diesem Schwerpunkt sind neben der Hochwassergefahr Themen wie intensivierte Hagelrisiken für Südwestdeutschland, Anfälligkeit der Verkehrsinfrastruktur für Hochwasser und Erdbeben sowie Folgen und Schutzoptionen im Falle eines Ausfalls der Stromversorgung integriert.

Die Modellierung des globalen Risikowandels bildet den zweiten Forschungsschwerpunkt. In diesem Bereich konzentriert sich CEDIM auf Beiträge zum internationalen Projekt Global Earthquake Model (GEM). Neben Erdbebenrisikomodellen für Deutschland beschäftigen wir uns mit der Quantifizierung des durch Naturgefahren bedrohten Werteinventars sowie mit der Erfassung und Bestimmung von Gebäuden und Infrastruktur mit Methoden der Fernerkundung. Die regionalen Schwerpunkte der Arbeiten liegen in Deutschland, Zentralasien und Indien.

Als dritter Schwerpunkt hat sich in CEDIM das Thema Kritische Infrastrukturen entwickelt. Das Ende 2010 begonnene Projekt KRITIS verfolgt das Ziel, ein System zu Entscheidungsunterstützung auf verschiedenen Ebenen bei Ausfall kritischer Infrastrukturen wie Stromversorgung oder Verkehr zu entwickeln. In diesem Rahmen entstand das vom Innenministerium Baden-Württemberg und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) herausgegebene, von CEDIM verfasste Handbuch Krisenmanagement bei großflächigen Unterbrechungen der Stromversorgung am Beispiel Baden-Württemberg, das von allen kommunalen Einrichtungen des Katastrophenschutzes in Baden-Württemberg verwendet wird.

Phase III: 2011 bis 2015

Mit dem im Jahr 2012 implementierten Ansatz der zeitnahen forensischen Katastrophenanalysen (Forensic Disaster Analysis in near-real time, FDA) verschob sich der Schwerpunkt der Forschungsarbeiten von CEDIM von ex-ante (Vorhersage) zu ex-post (im Nachhinein) Analysen. Dabei werden unmittelbar nach dem Eintreten einer Katastrophe diese bewertet, die Folgen abgeschätzt, die zeitliche Entwicklung nachverfolgt und die wichtigsten Faktoren identifiziert, die für die Auswirkungen maßgeblich sind. Forensisch  bezeichnet dabei das Zusammenführen von Methoden und Erkenntnissen unterschiedlicher Disziplinen mit dem Ziel, Katastrophen und ihre maßgeblichen Treiber möglichst umfassend zu beschreiben bzw. zu rekonstruieren. Mit der Herangehensweise in interdisziplinären Teams soll der Komplexität der Schadenereignisse und des Risikos durch Naturkatstrophen mit vielfältigen Wechselwirkungen und Kaskadeneffekten sowohl in natürlichen als auch in anthropogenen Systemen Rechnung getragen werden.

Die wissenschaftliche Basis der FDA-Aktivitäten bilden verschiedene CEDIM-Projekte, innerhalb derer Methoden entwickelt oder verbessert werden, um damit Katastrophen im Rahmen einer FDA-Aktivität zeitnah zu analysieren. Das Rapid Loss Assessment zur Abschätzung der direkten Auswirkungen (Schäden, betroffene Personen) beispielsweise basiert auf statistischen Verfahren aus vergangenen Ereignissen und maßgeblichen Infrastruktur- und Bevölkerungskennzahlen (Gebäudedaten, Human Development Index HDI, Bruttoinlandsprodukt, Bildungsstand u.v.m). Zentraler Bestandteil ist dabei eine der weltweit größten Naturkatastrophen-Datenbank mit über 60.000 Einträgen (CATDAT), die in den letzten Jahren von CEDIM-Mitarbeitern aufgebaut wurde.

Phase IV: 2016 bis 2019

Forensische Katastrophenanalysen standen auch im Mittelpunkt der Förderphase 2016 – 2019. Dabei wurde der Forschungsansatz weiterentwickelt durch verstärkte Integration gesellschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Fragestellungen und durch eine Profilschärfung auf die gesellschaftlichen Bedarfsfelder Energie, Mobilität und Information, die in der KIT Dachstrategie 2025 als für das KIT prioritär ausgewählt wurden. Die Ende 2016 begonnenen neuen CEDIM Projekte hatten zum Ziel, die mit dem gesellschaftlichen Wandel verbundenen Änderungen des Risikos und der Resilienz näher zu untersuchen, insbesondere hinsichtlich von Energie-, Mobilitäts- und Versorgungssystemen bzw. urbanen kritischen Infrastrukturen. Ergänzt wurden diese Projekte durch bereits bestehende Projekte in den Themenfeldern der schnellen Schadenschätzungen nach Naturkatastrophen, der web-basierten Vorhersage und Analyse extremer Wettersituationen, der automatischen raum-zeitlichen Detektionen von Katastrophen aus sozialen Netzwerken und der Modellierung der Gefährdung und des Risikos durch Tsunamis. Damit wurden in dieser Förderphase  wichtige Fragen der Risiko- und Katastrophenforschung von der Gefährdung über die systemische Resilienz bis hin zu den gesellschaftlichen Auswirkungen und den Umgang mit Risiken adressiert.