Wie wird das Mobilitätsverhalten durch Hochwasser beeinflusst?

Hochwasserereignisse führen zu einem Rückgang im Verkehrsaufkommen, im Bewegungsradius, und zu Änderungen bzgl. Verkehrsmittelwahl und Wegzwecken.

Aufgrund des Klimawandels ist damit zu rechnen, dass die Häufigkeit und die Intensität von Überschwemmungen steigen werden. Betroffene können sich in solchen Situationen entweder evakuieren oder im Wohngebiet verbleiben und ihr Verhalten an den Krisenfall anpassen. Im Rahmen des CEDIM-Projekts „Auswirkungen extremer Naturereignisse auf Energie-, Informations- und Mobilitätssysteme“ (Wisotzky, 2023) wurde untersucht, wie sich das Mobilitätsverhalten für den Anteil der Bevölkerung, der sich nicht evakuiert hat, im Falle eines Hochwassers darstellt. Zum einen können hierauf aufbauend Prognosen zu Verhaltensänderungen aufgestellt und die volkswirtschaftlichen Kosten, die sich durch Veränderungen im Mobilitätsverhalten ergeben, geschätzt werden. Zum anderen können entsprechende Erkenntnisse eine Grundlage für politische Handlungsempfehlungen, beispielsweise bzgl. Vorsorgemaßnahmen, liefern. Die Forschungsfrage wurde im Rahmen einer Fallstudie im oft von Hochwasser betroffenen Stadtteil Laubegast in Dresden untersucht.

Insgesamt konnte infolge eines Hochwassers ein deutlicher Rückgang auf fast die Hälfte im Verkehrsaufkommen festgestellt werden, der alle fünf abgefragten Wegzwecke (Arbeit, Ausbildung, Besorgung/Service, Bringen/Holen, Freizeit) betrifft. Die Wegdauern stiegen im Hochwasserfall im Mittel statistisch signifikant an, außer auf Freizeitwegen. Zudem ließen sich Verschiebungen in der Bedeutung der Verkehrsmittel erkennen: Grundsätzlich gewannen das Zufußgehen und das Fahrradfahren im Hochwasserfall an Bedeutung, während Pkw und ÖV weniger wichtig waren. Auch bei den Wegzwecken konnten Veränderungen in der Wichtigkeit beobachtet werden, allerdings weniger starke als bei den Verkehrsmitteln. Arbeitswege gewannen relativ an Bedeutung, Bring- und Holwege nahmen ab. Die Verschiebungen in den Verkehrsmitteln und den Wegzwecken stellten sich als statistisch signifikant heraus, größtenteils unter α = 5 %. Der Anteil der Wege, die in den Nahbereich führen, stieg im Hochwasserfall, außer für die Wegzwecke Arbeit und Ausbildung, ebenfalls signifikant an.

Abb. 1: Veränderungen in der Bedeutung der angesteuerten Ziele nach Bezirken und schematische Darstellung der Veränderungen in der Bedeutung der Verkehrsmittel anhand der Balken in den einzelnen Bezirken.

Darüber hinaus wurde untersucht, wie sich die Verteilung der angesteuerten Ziele und die Verkehrsmittelwahl auf Bezirksebene in den beiden betrachteten Fällen unterscheiden. In der Abbildung 1 sind die Veränderungen zwischen Normalfall und Hochwasserfall im Anteil der Wege nach Bezirk und die Unterschiede im Modal Split in den einzelnen Bezirken dargestellt. Zu den im Hochwasserfall stärker angesteuerten Zielen zählen die Bezirke Leuben (zu dem der Stadtteil Laubegast gehört), Prohlis, Plauen und Klotzsche (bläulich dargestellt), während die Bedeutung der übrigen Bezirke rückläufig ist (rötlich dargestellt). Insbesondere verliert der zentrale Bezirk Altstadt, der im Normalfall sehr stark angesteuert wird, massiv an Bedeutung. Der Bezirk Cotta spielt weder im Normal- noch im Hochwasserfall eine große Rolle. Der Anteil der Fußwege (grüner Balken) steigt im Hochwasserfall in fast allen Bezirken an, der Anteil des Pkw (brauner Balken) ist überall rückläufig. Der Fahrradanteil (gelber Balken) ist auch meist ansteigend, während beim ÖV (violetter Balken) je nach Bezirk unterschiedliche Tendenzen zu erkennen sind.

Literatur:

Wisotzky, Ch. (2023): Auswirkungen von Hochwasser auf Mobilitätsverhalten – Eine Untersuchung am Beispiel Dresden-Laubegast, Dissertation, Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe,  doi:10.5445/IR/1000157766.

 

Zugehöriges Institut am KIT: Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON) – Lehrstuhl für Netzwerkökonomie
Autorin: Christina Wisotzky (Mai 2023).