Vom Hochwasserrisiko zum Dürreschutz
Es ist kein Geheimnis, dass der Klimawandel auch die Hydrologie unseres Planeten verändert: In Zukunft ist mit häufigeren und intensiveren Überschwemmungen und Dürren zu rechnen. Die extremen Dürreereignisse des letzten Jahrzehnts in Europa haben die Notwendigkeit neuer Strategien für die Wasserbewirtschaftung deutlich gemacht. Eine solche Strategie wird im Rahmen eines CEDIM Projekts erforscht, in dem die erweiterte Nutzung bestehender Speicheranlagen – vor allem Hochwasserrückhaltebecken – in Baden-Württemberg untergesucht wird.
Stauanlagen als Wasserspeicher in trockenen Regionen weit verbreitet. Solche Stauanlagen können umfangreiche Wassermengen für verschiedene Zwecke bereitstellen (z.B. Erzeugung von Strom aus Wasserkraft, für Erholungszwecke). Obwohl typische Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg Rückhaltevolumina von weniger als einer Million Kubikmeter aufweisen, können sie durch ihre große Anzahl wirksam werden: Zusammen können die mehr als 800 Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg pro Jahr mehr als 200 Millionen Kubikmeter Wasser speichern.
Erste Untersuchungen an repräsentativ ausgewählten Stauanlagen zeigen, dass das Hochwasserrückhaltevolumen sehr unterschiedlich genutzt werden. Einige wurden in den letzten 20 Jahren aktiv genutzt (z.B. einmal alle vier Monate), während andere keine ausreichend großen Hochwasser erlebten, um genutzt zu werden. Dies deutet darauf hin, dass eine große Bandbreite von Management-Strategien für unterschiedlichen Becken untersucht werden sollte, um das verfügbare Wasser optimal zu nutzen. An einem exemplarischen Hochwasserrückhaltbecken mit einem Volumen von 3 Millionen m³ konnten wir zeigen, dass bereits eine geringfügige Anpassung der Steuerungsregeln 35 Millionen m³ Wasser für die Nutzung in Trockenzeiten in der letzten 20 Jahre erwirtschaften kann.
Im Rahmen des Projektes werden weitere Fragen untersucht, wie beispielsweise die Unsicherheit realer Wettervorhersagen die Speichersteuerung beeinflusst und ob die Hochwasserschutzwirkung der Anlagen auch bei Dürrebetrieb gewährleistet werden kann. Unabhängig davon kann das zusätzliche Wasser zur Ergänzung von Niedrigwasser dazu beitragen, Flussökosysteme vor dem Austrocknen während Dürreereignissen zu schützen, die in Zukunft häufiger und intensiver auftreten könnten.
Zugehöriges Institut am KIT: Institut für Wasser und Gewässerentwicklung – Hydrologie
Autorin: Sarah Quynh-Giang Ho (Nov. 2023)