Wie ändert sich das Mobilitätsverhalten in Extremsituationen?

Hochwasserereignisse führen zur Verkleinerung des Bewegungsradius, zu einer Verschiebung in der Verkehrsmittelwahl und in den Wegzwecken.

In naher und ferner Zukunft ist mit einer Zunahme an extremen Naturereignissen zu rechnen, sowohl in Bezug auf die Häufigkeit als auch in Bezug auf die Schwere. Im Rahmen des CEDIM-Projekts „Auswirkungen extremer Naturereignisse auf Energie-, Informations- und Mobilitätssysteme“ werden Veränderungen im Mobilitätsverhalten privater Haushalte untersucht, die sich durch Hochwasserereignisse ergeben. Hierfür wurde der oft durch Hochwasser betroffene Stadtteil Dresden-Laubegast ausgewählt und dort eine Befragung durchgeführt.

Anhand der erhobenen Daten können Auswertungen zum Verkehrsaufkommen (Anzahl der Wege), der Bedeutung von Wegzwecken und Verkehrsmitteln durchgeführt werden. Beispielsweise zeigt sich, dass Besorgungswege im Hochwasserfall relativ wichtiger, Freizeitwege hingegen unwichtiger werden.

Die Wegzwecke korrelieren stark mit der räumlichen Verteilung des Verkehrs. Insgesamt zeigt die Datenauswertung im Hochwasserfall eine stärkere Konzentration des Verkehrsgeschehens auf den Nahbereich. Dies gilt insbesondere für Ziele, die mit Wegzwecken zusammenhängen, bei denen viele Freiheitsgrade bestehen, z.B. bei den Besorgungs- und Freizeitwegen. Im linken Bereich von Abb. 1 ist die Verteilung der angesteuerten Ziele im Normalfall zu sehen, im rechten Teil die Verteilung der angesteuerten Ziele im Hochwasserfall. Während im Normalfall bereits über ein Viertel aller Wege in den eigenen Oberbezirk Leuben führt, steigt der Anteil im Hochwasserfall auf 36 %. Dafür sinkt der Anteil der Wege in die Altstadt von 39 % auf 35 %, in den benachbarten Stadtteil Blasewitz von 17 % auf 12 %.

Die Konzentration auf den Nahbereich spiegelt sich auch in der Verkehrsmittelnutzung wider. Das zu Fuß gehen und das Fahrradfahren gewinnen im Hochwasserfall an Bedeutung, während der Pkw und der Öffentliche Verkehr weniger wichtig werden. Die stärksten Auswirkungen sind auf Fuß- und Pkw-Wegen zu beobachten: Während die Fußwege um 21 Prozentpunkte auf knapp 49 % ansteigen, fällt der Anteil des Pkw um 21 Prozentpunkte auf knapp 15 %.

Im nächsten Arbeitsschritt soll herausgefunden werden, welche Erkenntnisgewinne aus dieser Erhebung auf zukünftige Hochwasserereignisse in Deutschland übertragen werden können und welche Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen, z.B. welche Anforderungen zu Datengrundlagen für einen anderen Stadtteil oder Ort existieren müssen. Ziel ist es, anhand der Ergebnisse für Dresden-Laubegast Abschätzungen zu den potenziellen Auswirkungen für zukünftige Hochwasserereignisse auch in anderen deutschen Städten treffen zu können.

Projektseite zur Befragung



Abb.: Verteilung der angesteuerten Ziele nach Oberbezirken im Normalfall (links) und im Hochwasserfall (rechts).


Zugehöriges Institut am KIT: Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON) – Lehrstuhl für Netzwerkökonomie, Prof. Kay Mitusch
Autorin: Christina Wisotzky (Dez. 2021).